Ordner…. FAQ

Security worker leaning over metallic fenceEinige von euch wissen es, wer mir auf FB folgt sowieso:
Nebenbei arbeite ich als Sicherheitskraft bei Veranstaltungen und im Objektschutz („Wachmann“).
Dabei kommen immer wieder Diskussionen und Fragen auf die so oft aufpoppen das ich sie hier mal aufgreifen möchte.
Anlass für das erste Beispiel ist eine solche Frage die mir beim EM-Spiel GER-HUN der UEFA 2020 EM im Juni 2021 gestellt wurde.

1.) Warum müssen die da nicht….?



Wie wir alle wissen fällt die EM genau in die Corona-Zeit und demzufolge wurde vom Veranstalter und den Behörden ein Hygienekonzept erarbeitet das unter anderem das tragen einer FFP2 Maske
im Stadion vorsah. Und zwar ZU JEDER ZEIT (was auch in Durchsagen immer wieder wiederholt wurde). Sprich auch auf den zugewiesene Plätzen, beim Gang zur Toilette, auf dem Weg zum Platz oder beim Kaufen von Snacks und Getränken. Ausnahme war das zu sich nehmen von Speisen und Getränken, aber eben auch nur da und nicht in den 20 Minuten zwischen den Getränkeschlucken.
Im deutschen Block wurde sich weitgehend an diese Maskenpflicht gehalten. Einzelne Verweigerer wurden mehrfach darauf hingewiesen und einige wurden auch aus den Blöcken
entfernt wenn dies notwendig erschien. Aus der Südkurve (Dem deutschen Block) gab es dann wiederholt Hinweise das auf ungarischer Seite (der Nordkurve) keine Masken getragen würden und dann dort
ja die Maskenpflicht offenbar nicht gelte.

Eins vorab: Es bringt nicht viel auf Ungereimtheiten am anderen Ende des Stadions oder der Veranstaltung hinzuweisen. Die Sicherheitskraft an Standort A hat ihren klar definierten
Aufgabenbereich. Der reicht selten weiter als einen Radius den man in 10-20 Sekunden zu Fuß erreichen kann, sprich im Stadion z.b. den eigenen Block. Alles andere muss er ,
sofern nicht mit Funk ausgestattet (und das sind die wenigsten) ,an seinen Vorgesetzten weitergeben wenn der mal wieder in Reichweite ist. Der gibt das dann an seinen Abschnittsleiter weiter, der an die Zentrale, die an den nächsten Bereichsleiter….usw…
Seine Position zu verlassen ist nicht gestattet. Er kann also nur wenn Leib und Leben in Gefahr sind losrennen und jemanden informieren.

Das zweite ist der Umstand das  man die Begriffe Abwägung und Verhältnismäßigkeit im Hinterkopf haben muss. Ein gewaltbereiter Mob in dem niemand eine Maske trägt ist kein Ort wo man hingeht und sagt
„Hey! Maske tragen sonst werfen wir dich raus!“ Ich hab schon wegen weniger gesehen wie Schlägereien , Randale und Paniken vom Zaun gebrochen sind.
Als Sicherheitsdienst und Polizei muss man da genau abwägen ob es sinnvoll ist zu versuchen 300 Leute dazu zu zwingen eine Maske zu tragen und damit 20 Verletzte oder gar Tote zu
verursachen oder es eben sein zu lassen und die Maskenpflicht an den Ausgängen durchzusetzen wo man die Menge kontrollieren kann und so wenigstens die anderen Gäste im Umlauf schützen kann.
Das bedeutet dann aber nicht das die Maskenpflicht nicht gilt! Das bedeutet nur das die Ordnungskräfte entschieden haben das es weniger gefährlich ist auf die Durchsetzung der
Regel mit Gewalt zu verzichten.
Das gilt übrigens nicht nur für Masken, auch bei Regelungen zu Speisen und Getränken in Blöcken, Rauchverboten, Kleiderordnungen etc.
Unsere Aufgabe als Ordnungskraft ist nicht das “Umsetzen der Regeln unter allen erdenklichen Umständen” sondern das “Umsetzen der Regeln unter allen Umständen die
eine Umsetzung ohne Gefährdung anderer und uns selber zulassen”! Wir werden, wenn es Notwendig und Verhältnismäßig erscheint, auch mit Unterstützung von Staatlichen Sicherheitskräften
die Regeln durchsetzen und zum Schutz anderer auch im Rahmen unserer Möglichkeiten entsprechenden Druck ausüben und konfrontieren. Oberste Prämisse ist aber IMMER der
Schutz der Menschen und ihrer Interessen.
Ihr könnt davon ausgehen das es, wenn wir hartnäckig auf eine Umsetzung einer bestimmten Regel pochen, dies ABSOLUT in eurem Interesse ist. Selbst wenn ihr das nicht seht. So kann es z.B. sein das ihr einen Schritt zur Seite gehen und nicht den einen Schritt auf der Treppe stehen dürft weil eine Sicherheitsbehörde angedroht hat bei überschreiten einer bestimmten Anzahl von “Fehltritten” Die Anzahl der Besucher im Block für die kommenden Spiele zu reduzieren. Oder das ihr keine Speisen und Getränke mit in den Block nehmen dürft, auch wenn ihr nie damit werfen würdet, weil andere es eben doch tun und der Verein seinen Fans zuliebe dann im Zweifelsfall weniger oder keine Gästefans mehr zulässt statt sich von seinen Fans und Mitgliedern beschimpft zu lassen.
Ihr müsst immer davon ausgehen das wir dazu entsprechend geschult wurden und auch Informationen haben die wir nicht mit euch teilen können
und dürfen, die unsere Entscheidungen etwas zu tun oder zu unterlassen aber rechtfertigen.
Aus Spass macht das keiner von uns.
Und nein: Wir sind nicht nur die dummen kleinen Ordner die sonst nichts zu tun haben. In Aller Regel sitzen mindestens in 2. Reihe gut Ausgebildete Leute die einen weitaus weiteren
Blick haben als ihr mit eurem Ticket auf eurem gemütlichen Sitz- oder Stehplatz. In Erster Reihe haben die Kollegen oft nicht das komplette Bild aber sie sind geschult und haben klare Anweisen. Sie wissen was sie tun.

2.) Doch ich darf das! Ich habe Bezahlt/Ich habe eine Akkreditierung siehst Du?


Oft denken Personen die ein Ticket, teilweise für viel Geld erworben haben, Sie dürfen nachdem sie  Zutritt zur Veranstaltung erhalten haben, sich wie bei sich zu Hause aufführen (Wobei ich glaube die
meisten würden sich dort genau so nicht aufführen).
Ein Ticket berechtigt dich zum Zutritt und der Teilnahme an einer Veranstaltung …und jetzt kommts… zu den angegebenen Bedingungen. In wirklich JEDER Kaufvereinbarung zu einem Ticket
(Seien es AGB oder direkt auf dem Ticket) steht so etwas wie „Den Anweisungen des (Sicherheits-)Personals ist folge zu leisten“ . Die meisten verwundert das wir als Ordner tatsächlich
unter dieses „Personal“ fallen. Natürlich können wir uns Irren, das ist Menschlich aber Du darfst getrost davon ausgehen das wir jedes Argument das Du uns vorbringen willst schon
gehört haben und in aller Regel entsprechen unsere Anweisungen genau dem was wir vom Hausrechtsinhaber (Dessen Vertreter wir in dem Fall sind) so aufgetragen bekommen haben.
Wie sagten schon die Borg? „Widerstand ist zwecklos“ Wenn wir etwas sagen ist das erstmal so. Du darfst dich beim Hausrechtsinhaber (Veranstalter) gerne darüber beschweren aber folge leisten musst Du trotzdem erstmal. Im Zweifelsfall bekommen wir eines auf den Deckel, zahlen Strafe oder sind gar unseren Job los. Deswegen überlegen wir uns auch sehr genau
was wir dir sagen. Blöd sind wir nämlich nicht.

Das selbe gilt auch wenn Du kein Ticket aber eine Akkreditierung hast, also mit Rechten vom Veranstalter ausgestattet wurdest. Diese Rechte sind, sofern Du in der Befehlskette nicht direkt uns vorstehst, für uns erstmal Wurst und unseren Untergeordnet. Du darfst auch hier gerne Beschwerde einreichen und wen auch immer Du kennst anrufen. Das kannst Du oder dein Telefonjoker dann gerne mit unseren Vorgesetzen klären. Aber folgen musst Du auch hier erstmal. Denn wie auch oben: Gehe davon aus das wir das nicht aus Spaß machen sondern eine Anweisung oder Informationen haben, die unsere Anweisung Legitimieren und Notwendig machen.

3.) Was willst Du machen? wir sind zu 3. und Du bist alleine!

Kurz und Knapp: Nein ich bin nicht alleine! Im Stadion sind dutzende Kollegen in Reichweite und wir haben uns gegenseitig im Blick. Dahinter stehen, meist eher Versteckt, genügend Sicherheitskräfte aus Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr. Glaub mir: wenn es notwendig wird bin ich nicht alleine. Und Aggression gegenüber Ordnungs- und Sicherheitskräften ist der zuverlässigste und schnellste Weg raus aus dem Bereich in dem Du eigentlich Zeit verbringen und Spaß haben willst.

4.) Ihr seid doch alle nur “Freizeitcops”

Der Begriff ist so falsch…. falscher geht gar nicht! Also erstens sind wir da und bekommen Geld dafür…. Freizeit ist es also schonmal nicht.  Cop als Synonym für Polizeikräfte stimmt auch nicht. Wir sind normale Menschen wie Du die einen Job haben. Einige von uns machen das was wir da tun tatsächlich in Vollzeit und um den Lebensunterhalt zu verdienen. Ich habe den Luxus das ich es wirklich als Hobby mache aber ich bin eher die Ausnahme. Wir sind alle gut ausgebildet. Wir bekommen Trainings in Brandbekämpfung, bilden uns in Erster Hilfe fort, erlernen in Schulungen und Trainings den Umgang mit Menschen(massen) und wie man richtig Personen nach gefährlichen Gegenständen absucht. Wir müssen Gesetzestexte lernen und Hausordnungen durchlesen. Wir bekommen vor jedem Einsatz ein Briefing und müssen uns immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen. Wissen wo wir Rettungsdienste oder Ansprechpartner finden. Und wenn wir Morgens einen Parkplatz regeln, Nachmittags in einem Stadion Dienst tun, am nächsten Tag eine Baustelle bewachen und am 3. Tag bei einem Konzert eine Einlasskontrolle machen dann ist es nicht einfach am 4. Tag bei der Parkstreife im  Schlosspark die Öffnungszeiten des Souveniershops aus dem Stehgreif zu wissen. Ihr seht uns nur an einer Location und da oft immer wieder. Aber wir sind dort nicht zuhause und wir wissen oft nicht alles dort.Wir haben nicht nur einen Arbeitsplatz wie du vielleicht sondern oft jeden Tag einen anderen. Im Privaten sind wir Singles, Väter, Mütter, Kinder, Brüder, Schwestern, haben Familien, müssen Rechnungen zahlen, Das Auto in die Werkstatt bringen oder haben einen Arzttermin den wir am nächsten Tag dringen wahrnehmen müssen. Trotzdem müssen wir freundlich sein zu dir soweit das geht und wir sind das auch gerne. Wir sind Menschen und wir haben die selben Rechte wie Du. Respektierst du uns, respektieren wir dich. Das macht uns und dir viel mehr Spaß als wenn wir uns feindselig gegenüber treten.
Und sei dir sicher: Wenn du uns beleidigst, bewirfst, bespuckst oder schlägst nutzen wir unsere Möglichkeiten. Eine Anzeige oder wir schützen uns und die anderen im Notfall auch unsanft. Außerdem  haben damit in der Regel mehr Erfahrung als du.

Tu mir bitte den Gefallen und begegnet dem nächsten Sicherheitsdienstmitarbeiter so wie man sich auch Dir gegenüber verhalten soll.

Eine kleine Anekdote zum Schluss:

Es ist ein paar Jahre her da fand hier in München ein Festival statt das von Kirchen und Jugendorganistationen veranstaltet wurde. Das “Oben Ohne” Open Air Festival am Königsplatz. ich stand den ganzen Tag in der Sonne an einer Notzufahrt für Rettungsdienste und hatte (Gott sei Dank) nicht viel zu tun. Als die Veranstaltung vorüber war wurde auch diese Zufahrt geöffnet um den Besuchern das zügige Verlassen des Geländes zu ermöglichen. Ich stand dann also am geöffneten Tor (Verlassen der Position ist wie oben schon beschrieben nur nach Anweisung erlaubt). Die meisten Kollegen und so auch Ich haben uns angewöhnt den Gästen beim verlassen einen schönen Tag, Abend, Wochenende oder was grad angebracht ist zu wünschen. Ich lies also immer wieder an Gäste gerichtet  “Schönen Sonntag noch, kommt gut nach Hause” fallen.
Ein eher auf den Boden konzentrierter Jugendlicher strammen Schrittes kam auf das Tor zu und bekam von mir auch ein “Schönen Tag noch! Komm gut nach Hause!” zu hören als er an mir vorbeidüste….. einige Meter hinter dem Tor blieb er unvermittelt stehen. Er hob den Kopf und blickte mich direkt an…. ich war halbwegs verdutzt. Dann kam er zu mir und stellte sich dicht vor mir hin und schaute mir ins Gesicht und fragte nach einem Augenblick: “Hast du mir grad nen schönen Tag gewünscht?” Unsicher was nun kommt sagte ich “Ja, Natürlich” Bruchteile von Sekunden später fand ich mich in seinen Armen wieder und er meinte nur “Du bist der nettestes Security den ich je gesehen habe!” 
Ich glaube nicht das es den Tag nur Wasser für den jungen Mann gab aber ich find die Story immer noch Toll. Sie zeigt das wir alle besser miteinander auskommen wenn wir uns gegenseitig respektieren. Ich erzähle das immer auch gerne unter den Kollegen weil ich weiß das viele nach Jahren in dem Job, Anfeindungen, bespuckt und angerempelt werden auch ab und zu das mit dem freundlich sein vergessen aber wir geben uns im Job genau so viel Mühe wie Du. Danke das Du das beim nächsten mal respektierst Smile


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